1 Einleitung
Bei vielen Prognosen über die zukünftige Bedeutung des Homeoffice drängt sich die Frage auf, ob die Unternehmen heute nicht über zu viel Büroraum verfügen. Nach dem Beginn der Lockdown-Maßnahmen haben diverse Marktbeobachter und Medien bereits das Ende des klassischen Büros ausgerufen. Einzelne Immobilienexperten erwarten auch, dass dadurch längerfristig ein deutliches Überangebot an Büroraum entsteht. Die folgenden Aussagen basieren dabei auf der Annahme, dass es zukünftig nur zu maximal regional begrenzten, aber nicht größeren Lockdowns kommt.
2 Homeoffice
Bei der Entscheidung über die Nutzung von Bürofläche als Alternative zum Homeoffice haben die Unternehmen die Kosten mit den Vorteilen zu vergleichen.
Während der Pandemie haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Vorteile der Heimarbeit zu schätzen gelernt. Viele Unternehmen und deren Führungskräfte konnten die Berührungsängste mit dem Thema Home Office ablegen. Flexible Arbeitsplatzkonzepte machen das Arbeiten von zu Hause einfacher und viele Arbeitgeber stellten fest, dass ihre Mitarbeiter genauso produktiv sind, wie vor Ort im Büro. Die Unternehmen können weiterhin davon profitieren, dass ihre Arbeitnehmer zufrieden sind. Durch die Arbeit von zu Hause lässt sich die Work-Life-Balance verbessern, da auch Zeit und Geld für z. B. Fahrten eingespart werden kann.
Dies dürfte aber nur dann vorteilhaft sein, wenn keine zusätzlichen Kosten in Form weiterer Abstimmungen, vermehrter Kontrollen oder daraus folgend höherer Ausgaben für Fehlerkorrekturen entstehen. Für Unternehmen können Faktoren wie das Fehlen der persönlichen Kommunikation, optimierter Arbeitsbedingungen und Gemeinschaftsgefühl zu Belastungen werden. Es lassen sich ebenfalls nur schwer kreative, neue Ideen entwickeln ebenso wie Projektarbeiten effizient durchführen. Hinzu kommen Risiken, die sich aus sicherheitsrechtlichen Bedenken und arbeitsrechtlicher Schutzbestimmungen („kein Arbeiten am Küchentisch“) ergeben. Beschäftigte beklagen ihrerseits die verschwimmenden Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben.
So verwundert es nicht, dass immer mehr Unternehmen ankündigen, künftig stärker auf Homeoffice zu setzen. Unternehmensvorstände zeigen aktuell ihre Fortschrittlichkeit gerne dadurch, dass sie aufzeigen, wie viele ihrer Mitarbeiter von zu Hause arbeiten können/dürfen. Dabei überbieten sie sich mit den Prozentangaben. Die Realität in der Wirtschaft sieht aber anders aus.
Unterschiedliche Entwicklungen haben sich seit dem Beginn der Pandemie in Deutschland vollzogen. Nach den Auswertungen der Mannheimer Corona-Studie (MCS; Universität Mannheim) war der Einstieg in die Lockdown-Phase im März radikal. Plötzlich blieben viele Bürobeschäftigten zu Hause, die Rückkehr ins Büro hingegen verläuft schrittweise.
Vor der Pandemie ging die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) davon aus, dass in Deutschland weniger als 5 Prozent der Arbeitnehmer permanent von zu Hause arbeiten. MCS schätzt für Januar 2020 (vor der Corona-Krise), dass knapp 20 Prozent der Beschäftigten in Deutschland gelegentlich oder häufig von zu Hause arbeiteten. Zu Beginn der Pandemie waren viele Arbeitnehmer komplett oder überwiegend zu Hause (gut 25 Prozent). Ab Mitte Mai erfolgte eine Differenzierung in der Statistik, danach arbeiteten 11 Prozent der Beschäftigten ganz im Homeoffice sowie rund 20 Prozent teils im Homeoffice und teils zu Hause. Bis Mitte Juli schrumpfte der Anteil derjenigen, die ausschließlich im Homeoffice waren, auf knapp 7 Prozent. Weiterhin arbeiteten 22 Prozent teils zu Hause und teils vor Ort. Weitere Erkenntnisse von MCS sind, dass 13,5 Prozent nicht von zu Hause arbeiten wollen und 31,7 Prozent sagen, dass Homeoffice in ihrem Beruf grundsätzlich nicht möglich ist. Vor allem Beschäftigte mit einem höheren Schulabschluss nutzen die Möglichkeit der Heimarbeit.
Nach dem Bayerischen Forschungsinstitut für Digitale Transformation (bidt) arbeitet die Mehrheit der berufstätigen Internetnutzer allerdings auch während der Coronakrise nicht im Homeoffice. Schon vor der Krise waren 35 Prozent der erwachsenen berufstätigen Internetnutzer ab und zu im Homeoffice. 23 Prozent der Befragten waren mehrmals pro Woche im Homeoffice. Ende März erhöhte sich dieser Anteil auf 39 Prozent und Mitte Juni befanden sich nur noch 32 Prozent der Befragten mehrmals pro Woche im Homeoffice (letzte Befragung).
Insgesamt dürfte der Anteil der Arbeitnehmer im Homeoffice steigen. Ein wesentlicher Einfluss dabei ist auch der Wunsch der Beschäftigten und dieser besteht vielfach nur nach einigen, wenigen Tagen Homeoffice.
3 Auswirkungen von Homeoffice auf Büronutzung
Da Homeoffice die Bürotätigkeit nicht vollständig ersetzen wird, müssen die Unternehmen ihre Bürokonzepte anpassen und flexibilisieren. Je nachdem wie hoch der Anteil von Heimarbeit an der gesamten Arbeitszeit und wie groß ihre Flexibilität ist, kann dann auch weniger Fläche angemietet und somit Kosten eingespart werden. Es lassen sich zwei unterschiedliche Entwicklungen in der kürzeren und längeren Frist ausmachen.
Kurzfristig, d. h. während der anhaltenden Pandemie, ist nur mit bedingten Auswirkungen von Homeoffice auf die Nachfrage nach Büroflächen zu rechnen. Während sich viele Beschäftigte im Homeoffice befinden, bestimmen Abstands- und Hygieneregeln das Arbeiten in den Büros. Somit würde der Flächenbedarf je anwesendem Mitarbeiter steigen, wenn flexible Flächenkontingente vorgehalten werden müssen und zudem – auch als Folge der Pandemie – strengere Vorschriften gelten. Kehren die Arbeitnehmer ins Büro zurück, sind Maßnahmen zur Vermeidung des möglichen Wiederauftretens des Virus zu treffen. Nur unter Berücksichtigung einer vorsichtigen Wiederaufnahme sozialer Kontakte mit der Nutzung von separaten Arbeitsbereichen und neuer Hygienestandards lässt sich dieses realisieren. Sowohl das Gebäude (z. B. Umstellung der Flure) als auch der Arbeitsplatz selbst verändern sich erheblich. Flexible Großraumbüros passen eher nicht zu diesen Konzepten.
Mietentscheidungen werden von Unternehmen unter diesen Bedingungen vielfach erstmal aufgeschoben. Bestandsmietverträge werden eher wegen der konjunkturellen Folgen in Gefahr geraten als wegen der Verlagerung von Bürotätigkeit ins Homeoffice. Die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie stellen das viel größere Risiko für die Büronachfrage dar: insolvente Unternehmen brauchen keine Büroflächen.
Langfristig, d. h. nach der Pandemie, wird der Anteil der Beschäftigten, die ihre gesamte Arbeitszeit im Homeoffice verbringen, nur wenig über dem Ausgangsniveau vor der Pandemie liegen. Dies zeigen die von beiden Studien ermittelten Entwicklungen. Der Anteil der Beschäftigten, die teils vor Ort und teils zu Hause arbeiten, wird hingegen größer werden.
Mit der steigenden Flexibilität wachsen die Anforderungen an das Property-Management. Arbeitsplätze und -räume, die eine optimale Nutzung ermöglichen, erfordern ein entsprechendes Management. Ein Beispiel ist ein digitales Buchungssystem, um die Auslastung der Arbeitsplatz- und Raumangebote effizient zu steuern. Nur bei einem effizienten Arbeitsplatzmanagement können die Büroflächen reduziert werden. Für die gesamte Büroflächennachfrage werden jedoch auch in der längerfristigen Perspektive andere Faktoren eine sehr viel größere Rolle spielen, allen voran die weitere wirtschaftliche Entwicklung. In den letzten Jahren war die Wirtschaftsentwicklung dafür verantwortlich, dass der Gap zwischen Flächenbestand und genutzter Fläche abgebaut wurde, obwohl auch damals Homeoffice kontinuierlich wuchs.
4 Fazit
Noch ist es vielfach zu früh, um die Auswirkungen der Pandemie und ihrer Folgen auf die zukünftige Büroarbeitswelt sicher vorherzusagen. Flexible Homeoffice-Konzepte haben sich selbst unter vormals skeptischen Arbeitgebern wie Arbeitnehmern in der Krise etabliert. Gleichzeitig sind auch die Vorteile des klassischen Büros stärker zutage getreten. Somit wird zwar die Nutzung von Homeoffice gegenüber dem Vorkrisenniveau ansteigen, aber um Bürofläche einsparen zu können, ist ein effizientes Flächenmanagement notwendig.
Zusammenfassend würde das bedeuten, dass der Büroflächenbedarf durch Homeoffice bei weitem nicht so stark sinken wird. Falls ein Nachfrageeinbruch eintreten wird, so ist dies eher auf die ökonomischen Folgen der Pandemie zurückzuführen.