In einer gemeinsamen Studie von EBZ Business School und InWIS – Institut für Wohnungswesen, Immobilienwirtschaft, Stadt- und Regionalentwicklung wurden alle Städte über 20.000 Einwohner im Ruhrgebiet (46 Städte) analysiert. Das Ruhrgebiet wird oft nicht eindeutig abgegrenzt, wobei hier die Städte des „Regionalverband Ruhr“ betrachtet werden.
Im Ruhrgebiet zeigen sich deutliche Unterschiede, dies gilt sowohl für die Rahmenbedingungen mit Bevölkerungswachstum und Einkommenshöhe als auch bei den Belastungen der Haushalte, wenn sie ein Haus kaufen oder eine Wohnung mieten. Das obige Schaubild zeigt die Position der Ruhrgebietsstädte im NRW-Vergleich, wobei sich deutliche Unterschiede zeigen, die im Folgenden näher analysiert werden sollen.
1. Rahmenbedingungen für den Wohnungsmarkt
1.1 Große Städte wachsen stärker
Die demografische Entwicklung ist ein zentraler Faktor für die Wohnungsnachfrage. In den 46 Städten des Ruhrgebiets leben insgesamt 5,0 Mio. Menschen, das sind gut ein Drittel der Menschen in NRW. Die Ruhrgebietsstädte haben im NRW-Vergleich zu ihrer Platzierung nach Bevölkerungsgröße eine unterdurchschnittliche Bevölkerungsentwicklung. Insgesamt ist in diesem Jahrzehnt die Bevölkerung nur leicht gewachsen und schwächer als im NRW-Vergleich, dabei gab es neben 28 wachsenden auch 16 schrumpfende Städte.
Dabei ist die Bevölkerung in allen kreisfreien Revierstädten gestiegen, während es bei kreisangehörige Städten sowohl steigende als auch rückläufige Bevölkerungszahlen im letzten Jahrzehnt gab. Die Urbanisierung und insbesondere die zunehmende Attraktivität der größeren Städte zeigen sich auch im Revier deutlich. Etwas ab dem Kulturhaupstadt-Jahr 2010 wuchsen die kreisfreien Großstädte kontinuierlich stärker als die kreisangehörigen Städte. Die stärksten Rückgänge sind in den Kreisen Ennepe-Ruhr-Kreis sowie Recklinghausen festzustellen.
1.2 Niedrigste Haushaltseinkommen in den größten Städten
Das Haushaltsnettoeinkommen ist der geeignete Indikator zur Beurteilung der Einkommenssituation von Mietern und Eigentümern von Wohnraum. Dieses lag im Ruhrgebiet 2018 bei fast 39.000 Euro im Jahr und damit um über 6 Prozent unter dem NRW-Vergleichswert. Dabei weist Lünen mit gut 29.000 Euro das niedrigste und Haltern am See mit knapp 57.000 Euro das höchste Haushaltseinkommen auf.
Bei einem Städtevergleich haben die größten Städte im Revier die niedrigsten Haushaltseinkommen und umgekehrt. So weisen drei der sechs kleinsten Städte das höchste Einkommen auf und die 5-kleinsten Städte haben gut 50 Prozent mehr Haushaltseinkommen als der Durchschnitt der 10-größten Städte im Pott.
2. Wohnungsmarkt
2.1 Erschwinglichkeit
Der Kaufpreis für Häuser liegt im Ruhrgebiet bei durchschnittlich rund 290.000 Euro und das reicht von Fröndenberg/Ruhr (233.000 Euro) bis Mühlheim an der Ruhr (gut 385.000 Euro). Die Kaufpreise im Ruhrgebiet liegen im Schnitt rund 3,5 Prozent unter dem Niveau von NRW, was sich daran zeigt, dass zum einen nur 4 Revierstädte einen Kaufpreis haben, der unter den Top-50 in NRW liegt. Zum anderen gibt es eine Ballung dieser Städte im NRW-Mittelfeld. Die Extremwerte bei den Kaufpreisen in NRW nach oben und unten fehlen weitgehend im Ruhrgebiet.
Innerhalb des Ruhrgebiets befinden sich die höchsten Kaufpreise in den großen Städten, während die niedrigen Preise eher in den kleineren Städten sind. Die vier teuersten Städte sind unter den 13-größten Städten des Reviers, dagegen gibt es in den kleinen Städten (über 20.000 Einwohner) auch die geringsten durchschnittlichen Hauspreise. Gleichzeitig befinden sich aber nur 3 Städte im Revier, die im letzten Viertel des Rankings der Kaufpreise in NRW liegen.
Auf den Indikator Erschwinglichkeit wird zurückgegriffen, da Aussagen über die Höhe des Kaufpreises nur bedingt aussagekräftig sind. Es wird das unterschiedliche Einkommen der Haushalte berücksichtigt: wie viele Jahreseinkommen muss ein Haushalt aufbringen, um sich in seiner Stadt ein Haus leisten zu können. Durchschnittlich musste ein Haushalt im Ruhrgebiet 7,7 Jahreseinkommen für den Kauf eines Hauses ausgeben. Die Spanne reicht bei den betrachteten Städten von Hamminkeln (4,7-fache) bis zu Bochum, das mit 11,1 Haushaltseinkommen bei diesem Indikator der teuerste Standort ist. In rund einem Viertel der Städte des Ruhrgebietes sind weniger als 6 Jahreseinkommen aufzuwenden.
Die Ausgaben (in Relation zum Einkommen) sind stark korreliert mit der Größe einer Stadt. So gehören 5 Städte mit dem höchsten Aufwand zu den 10 größten Städten des Reviers. Dagegen finden sich bei den kleineren Städten auch die Orte mit dem geringsten Erschwinglichkeitswert.
Aufgrund der niedrigen Einkommen im Ruhrgebiet haben die Haushalte relativ viele Haushaltseinkommen aufzuwenden, um ein Haus zu kaufen. Dieser Indikator relativiert sich aber, wenn berücksichtigt wird, dass auch Haushalte von außerhalb des Reviers hier ein Haus kaufen wollen. Dann zeigt sich das preiswerte Ruhrgebiet. In einzelnen Städten müssten dann nur noch zwischen 5,6 und 9,2 Jahreseinkommen aufgewendet werden, falls das NRW-Durchschnittseinkommen betrachtet wird. Das kann das Ruhrgebiet interessant für Zuziehende machen, die vor allem in die einkommensschwächeren Orte ziehen wollen.
2.2 Mietbelastung niedrig und trotzdem stark unterschiedlich
Die Wohnungsmiete ist im Ruhrgebiet vergleichsweise niedrig, wenn auch recht unterschiedlich. Keine Stadt des Ruhrgebietes findet sich in dem teuersten Viertel der Städte NRWs, hingegen sind sie aufgrund des niedrigen Mietniveaus sehr stark im unteren Viertel NRWs vertreten. Das zeigt sich auch in der durchschnittlichen Miete, die in NRW bei 6,66 Euro und im Ruhrgebiet bei nur 6,17 Euro liegt. Die durchschnittliche Miete im Revier reicht von 5,40 Euro in Bergkamen bis zu 7,13 Euro in Herdecke.
Bei der Mietbelastung werden die unterschiedlichen Einkommen der mietenden Haushalte berücksichtigt. Diese liegt zwischen 10 und 25 Prozent in NRW, im Revier ist sie mit Werten zwischen 11 und 19 Prozent deutlich geringer. Auch im Durchschnitt ist die Mietbelastung im Ruhrgebiet deutlich niedriger als in NRW insgesamt, auch wenn sich aufgrund des relativ geringen Einkommensniveaus die Städte des Ruhrgebiets relativ gleichmäßig über die gesamte Spanne bei den Mietbelastungen verteilen.
Nur 2 Städte des Reviers (Dortmund und Kamp-Lintfort) weisen mit einem Anteil von 17,6 und 19,1 Prozent des Einkommens eine relativ hohe Belastung auf, sodass sie unter die Top-20 in NRW kommen. Hingegen gibt es 17 Revierstädte mit einer sehr niedrigen Mietbelastung, die dann auch im hinteren Viertel NRWs landen.
Das preiswerte Mietniveau im Ruhrgebiet zeigt sich auch bei einem anderen Vergleich. Wenn ein Haushalt aus dem übrigen NRW ins Ruhrgebiet zieht und ein entsprechend durchschnittliches Haushaltseinkommen aufweist, reduziert sich oftmals die Mietbelastung noch einmal deutlich.
3. Fazit
Im Ruhrgebiet zeigen sich deutliche Unterschiede, dies gilt sowohl für die Rahmenbedingungen mit Bevölkerungswachstum und Einkommenshöhe als auch bei den Belastungen der Haushalte, wenn sie ein Haus kaufen oder eine Wohnung mieten.
Die Ergebnisse im Einzelnen:
· Bei den Kaufpreisen liegt das Ruhrgebiet im Mittelfeld NRWs, nur wenige Städte weisen relativ hohe oder niedrige Preise auf. Aufgrund des relativ niedrigen Einkommens müssen aber die Haushalte der Revierstädte entsprechend viele Jahreinkommen für den Erwerb eines Hauses ausgeben.
· Die Mieten im Revier sind vergleichsweise niedrig, so dass keine Revierstadt im obersten Viertel NRWs auftaucht. Auch wenn sich die Vorteilhaftigkeit für Mieter bei Berücksichtigung des Einkommens etwas relativiert, ist die Mietbelastung im Ruhrgebiet immer noch deutlich unterhalb des Niveaus von NRW.
· Das niedrige Kaufpreis- und Mietniveau im Ruhrgebiet ist interessant für Haushalte, die von außerhalb in das Revier ziehen wollen. Der Belastung sowohl bei der Erschwinglichkeit als auch bei der Mietbelastung kann teilweise deutlich sinken.
· Das Potenzial des Ruhrgebiets in der neuen Urbanisierung zeigt sich deutlich in den Großstädten der Region. Dort gibt es nicht nur eine gute Infrastruktur und großstädtisches Flair, sondern auch erschwingliche Wohnungen. Dies spiegelt sich auch in einer wachsenden Bevölkerung wider.