Dienstag, 23. Juni 2020

Umwandlungsverbot – das keines ist

In einer gemeinsamen Initiative von Bundesjustizministerium und Innenministerium ist im „Baulandmobilisierungsgesetz“ ein § 250 Baugesetzbuch vorgesehen, der ein Genehmigungsvorbehalt bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen vorsieht. Dieser gilt in allen Gebieten, wo ein angespannter Wohnungsmarkt herrscht und eine Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist. Oftmals wir auch fälschlicherweise von einem Umwandlungsverbot gesprochen, was aber ideologisch gewollt ist, um negative Stimmung gegen das Gesetzesvorhaben zu machen. Das Umwandlungsverbot ist eigentlich eine „Umwandlungsbremse“ bzw. ein „Genehmigungsvorbehalt“, da nur noch eine erschwerte Umwandlung in Eigentumswohnungen erfolgen soll, auch wenn noch vielfache Ausnahmen möglich sind. Juristisch gesehen ist es ein Genehmigungsvorbehalt, da eine Genehmigung zum Eigentumserwerb vorliegen muss.

1.      Ursache und Reaktion

Die Auslöser des Gesetzesentwurfs waren die zunehmenden Mieterproteste und die Ängste in der Bevölkerung. So wird befürchtet, dass es bei Umwandlungen zu stark ansteigenden Mieten, zu zunehmenden Eigenbedarfskündigungen und einer veränderten sozialen Zusammensetzung der Wohnbevölkerung kommt. Es wird erwartet, dass aus preiswerten Mietwohnungen luxussanierte Eigentumswohnungen werden. Außerdem wird befürchtet, dass die Mieterschaft aus ihren angestammten Vierteln verdrängt wird.

Die Umwandlungen in Eigentumswohnungen sind in den letzten Jahren teilweise stark angestiegen bzw. sind auf einem hohen Niveau. In den vergangenen 20 Jahren sind allein in München über 50.000 Wohneinheiten in Wohnungseigentum umgewandelt worden, rund 10.000 davon in Erhaltungssatzungsgebieten. In Berlin wurden im Jahr 2018 fast 12.800 Miet- in Eigentumswohnungen umgewidmet, davon allein in Milieuschutzgebieten gut 5.200 Mietwohnungen mit behördlicher Genehmigung.

Der Gesetzentwurf stellt die Reaktion der Politik auf diese Befürchtungen dar. Auch wenn dies teilweise als ausschließlich politisch gesteuert dargestellt wird, sind die Sorgen der Mieter vorhanden. Es soll ein besserer Ausgleich der Interessen zwischen Mietern und Eigentümern erreicht werden, da von der Politik bisher die Mieter in der schwächeren Position gesehen werden. So soll vor allem die Wohnungsspekulation zum Nachteil der Mieter verhindert werden.

2.      Das Gesetzesvorhaben

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Länder (Gemeinden) Einfluss auf die in ihrem Gebiet ablaufenden Umwandlungsvorgänge nehmen können. Das Gesetz soll längstens fünf Jahre gelten, bis sich die Lage auf den angespannten Wohnungsmärkten durch verstärkten Neubau wieder beruhigt hat. Eine Umwandlung ist nur mit Genehmigung der zuständigen Behörde zulässig. Die Genehmigung soll versagt werden können, „wenn dies für die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen erforderlich ist“.

Eine Genehmigung zur Umwandlung kann hingegen erteilt werden, wenn es sich um

·       eine Erbauseinandersetzung handelt oder

·       Angehörigen Wohneigentum zur eigenen Nutzung verschafft wird oder

·       an die Mehrheit von zwei Dritteln der Mieter veräußert wird oder

·       dem Eigentümer der Erhalt wirtschaftlich nicht zumutbar ist oder

·       keine nachteiligen Auswirkungen auf das Mietwohnungsangebot insgesamt zu befürchten sind.

Nur nach erfolgter Genehmigung können Investoren die Wohnimmobilie einzeln verkaufen – beispielsweise an Eigennutzer oder an Kapitalanleger. Die Vorschrift gilt nur bei bestehenden Wohngebäuden und nicht bei Neubauten. Der Gesetzentwurf schützt damit die bestehenden Mietverhältnisse, erschwert aber die Wohnungssuche für die Zuziehenden oder die mobilen Mieter, die umziehen wollen oder müssen.

Das bereits bestehende gesetzliche Instrumentarium genügt der Politik nicht, um der Problematik effektiv zu begegnen. Bislang gibt es nur Genehmigungsvorbehalte für Umwandlungen in Gebieten des sogenannten Milieuschutzes, jedoch mangelt es auch außerhalb solcher Gebiete an bezahlbarem Wohnraum. Ebenfalls werden Mieter von Kündigungen des neuen Vermieters nach Umwandlung und Veräußerung durch das BGB nicht ausreichend geschützt.

3.      Kritik an dem Gesetzentwurf und Gegenkritik

Die Kritik führt verschiedene Aspekte gegen den Gesetzentwurf für eine Umwandlungsbremse an. Daraufhin wird diese Kritik jeweils kritisch hinterfragt.

1.     Kritiker befürchten, dass die Eigentumsbildung erschwert wird. Den Menschen werden die Möglichkeiten genommen, Wohneigentum zur Selbstnutzung oder zur privaten Altersvorsorge zu erwerben. Es ist kontraproduktiv und inkonsistent, wenn die Eigentumsbildung (z. B. durch Baukindergeld) gefördert und gleichzeitig durch die Umwandlungsbremse wieder eingeschränkt wird.

·       Antwort: Das wird eine Folge des Gesetzes sein. Aber die Politik stellt mit diesem Entwurf den Schutz der Mieter über die Interessen der potenziellen Eigentumserwerber. Es geht ihr vornehmlich darum, die Finanzinvestoren und Wohnungsspekulation zu verhindern. Derartige Gesetze werden nicht ohne Konflikte sein, es gibt aber andere Fördermaßnahmen für den Wohneigentumserwerb.

2.     Kritiker weisen darauf hin, dass dann Genehmigungen nur noch selten gewährt werden.

·       Antwort: Genau das ist das Ziel des neuen Gesetzentwurfs, da die bisherigen Regeln selbst in Milieuschutzgebieten sich als nicht ausreichend erwiesen haben.

3.     Kritiker befürchten, dass mit Einführung die Eigentumswohnungen im Wert steigen, da sie zu einem knappen Gut werden. Bei höheren Preisen können sich noch weniger private Haushalte eine eigene Wohnimmobilie leisten. Das Angebot wird ohne Not weiter verknappt. Die Folge sind Preissprünge - eine fatale Entwicklung!

·       Antwort: Es wird hier so argumentiert als ob sich die Märkte derzeit in einem Gleichgewicht befinden. Tatsächlich haben sich aber im letzten Jahrzehnt die Preise für Eigentumswohnungen in den 7 A-Städten ungefähr verdoppelt, es gab jedes Jahr Preissprünge im Schnitt von rund 7 Prozent. Es ist aber richtig, dass die Preise vermutlich weiter ansteigen werden, was aber im Vergleich nur gering ausfallen wird.

4.     Kritiker erwarten, dass durch diese Maßnahme keine einzige Wohnung zusätzlich geschaffen wird. Die Bundesregierung verpasst somit die Chance, positive Anreize für das Bauen und die Schaffung von Wohnraum zu setzen. Um vor allem den Zuzügen zu begegnen, ist zusätzlicher Wohnraum zu schaffen. Die Umwandlungsbremse wird sich investitionshemmend auswirken.

·       Antwort: Es geht um den Schutz der Mieter in bestehenden Mietverhältnissen. Außerdem zielt der Gesetzentwurf nicht auf den Wohnungsbau ab, sondern es geht um bestehende Vertragsverhältnisse. Aufgrund der Umwandlungsbremse wird weiterhin vermutlich nicht weniger gebaut, aber auch nicht mehr. Investoren und Bauträger werden sich vorher entscheiden, ob sie Miet- oder Eigentumswohnungen bauen. Ohne Zielkonflikte wird letztlich üblicherweise keine staatliche Maßnahme auskommen, so dass andere Maßnahmen ergriffen werden müssen, um mehr Wohnraum zu schaffen.

5.     Kritiker weisen darauf hin, dass der Mieterschutz bereits durch geltende Regeln (u. a. im BGB) gewährleistet sei. Das geltende Mietrecht setzt demnach einer „Verdrängung“ von Mietern ohnehin sehr enge Grenzen. Grundsätzlich gibt es schon ein Umwandlungsvorbehalt durch den Milieuschutz.

·       Antwort: Die Statistiken der Umwandlungen in Berlin und München zeigen aber, dass diese Regelungen nicht ausreichend sind. Zumal gelten diese auch nur für aktuelle Mieter und nicht für Folgemieter.

6.     Kritiker weisen darauf hin, dass mit der Umwandlung von Wohnungen qualitative Aufwertungen des Immobilienbestandes verbunden sind. Davon profitieren vor allem auch die Mieter und dafür sollten sie sich auch kostenmäßig beteiligen.

·       Antwort: Das ist richtig.

7.     Kritiker erwarten, dass die Wohnungseigentümer bei einem Umwandlungsverbot nach Umgehungsmöglichkeiten suchen werden.

·       Antwort: Das ist richtig, aber diese sind mit höheren Kosten und praktischen Umsetzungsproblemen verbunden.

4.      Fazit

Die Politik hat zwischen den Interessen der Hauseigentümer auf freie Entscheidungen und den Schutzinteressen der Mieter zu entscheiden. Dazu sind Regelungen notwendig, die die Wohnungsspekulation verhindern, aber trotzdem Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen ermöglichen.

Samstag, 20. Juni 2020

Schalker Schulden – na und?

Wenn über die Schalker Finanzlage gesprochen wird, wird als erstes auf den hohen Schuldenberg des Vereins verwiesen. Nach dem Jahresbericht 2019 betrugen die Schulden des Konzerns – einschließlich aller Tochterunternehmen – rund 197 Mio. Euro. Selbst im Fußball-Business eine unvorstellbare Summe, die schon beim Lesen Ängste auslöst. Aber wie ist das aus betriebswirtschaftlicher Sicht zu beurteilen?

Die Bilanz des Jahres 2019 weist ein Eigenkapital von Null auf, sodass das gesamte Vermögen des Vereins im Wesentlichen durch Verbindlichkeiten finanziert worden ist. Dabei hat der Konzern sich sowohl bei den Kreditinstituten als auch bei Anlegern über Anleihen finanziert.

1        Problematisch

Das gesamte Vermögen wurde durch Verbindlichkeiten finanziert (Eigenkapital = 0). Da die Schulden für den Bau der Arena vor einiger Zeit zurückbezahlt wurden, ist diese schuldenfrei. Problematisch dagegen, dass nun theoretisch die Schulden fast ausschließlich für Spielerverpflichtungen und deren Gehälter ausgegeben wurden.

Problematisch ist weiterhin der Refinanzierungsbedarf in diesem Jahr. Von den gesamten Verbindlichkeiten in Höhe von fast 200 Mio. Euro sind zwar auch viele langfristige Kredite, aber 80 Mio. Euro sind allein kurzfristig in diesem Jahr fällig. Daher wäre es möglich, mehr Einnahmen als Ausgaben zu erzielen, um die Schulden zu tilgen. Das wird aber aufgrund des sportlichen (Miss)-erfolgs nicht möglich sein. Von daher müssen wieder neue Schulden aufgenommen werden, um die alten zu ersetzen. Dazu sind aber Kreditinstitute oder andere Gläubiger zu finden.

2        Weniger schwierig

Beim Vermögen ist bei den Spielerwerten die Bewertung zu beachten. Die Spielerwerte in der Bilanz spiegeln die Anschaffungskosten (Ablösesummen plus Ausgaben für Spielervermittler) abzüglich der Abschreibungen wieder. Die Kosten werden über die Vertragslaufzeit abgeschrieben und entsprechen somit nicht dem aktuellen Wert. Der Wert des Kaders wird nach dem Onlineportal transfermarkt.de auf gut 210 Mio. Euro geschätzt, sodass der Verein „Stille Reserven“ in Millionenhöhe hat, die aber nur bei einem Verkauf realisiert würden.

Für den laufenden Geschäftsbetrieb ist bei der Verschuldung nicht die absolute Höhe der Schulden, sondern die jährliche Belastung für den Verein entscheidend. Laut der Bilanz wurden im vergangenen Jahr  gut 6,5 Mio. Euro für Zinsen aufgewendet. Bei einem jährlichen Umsatz von 280 Mio. Euro wäre das gerade mal ein Anteil von 2,5 Prozent. Das dürfte für den Verein also kein größeres Problem sein.

3        Fazit

Wenn sich neue Gläubiger für die in diesem Jahr fälligen Verbindlichkeiten finden, dann „Null Problemo“, aber ansonsten wird es eng.