Dienstag, 14. April 2020

Ältere Bevölkerung versus knapper Boden


Megatrends beeinflussen langfristig die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung. Diese Changes können deutliche Zielkonflikte hervorrufen und sind auch nicht ohne kurzfristige Gegentrends. Dies soll anhand der beiden Megatrends Demografische Entwicklung mit einer zunehmenden älteren Bevölkerung sowie der Nachhaltigkeit mit der Forderung nach einer drastischen Einschränkung der weiteren Bodennutzung bzw. des Flächenverbrauchs gezeigt werden.

1.     Demografische Entwicklung

Die demografische Entwicklung in Deutschland hat viele Teilaspekte. Die Prognose über die Bevölkerungsentwicklung ist stark abhängig von der Einschätzung der künftigen Migration und daher eher unsicher. Es ist aber relativ sicher, dass die Bevölkerung älter wird. Das Durchschnittsalter der Bevölkerung in Deutschland stieg langfristig kontinuierlich an und wird weiter wachsen, wenn auch mit geringeren Raten.
Die Alterung der Gesellschaft wird durch mehrere Faktoren bestimmt. Es kommen zahlenstarke Jahrgänge in das Seniorenalter und die nachfolgenden Jahrgänge der jüngeren Menschen sind deutlich schwächer besetzt. Hinzu kommt die weiter steigende Lebenserwartung. Während in den nächsten Jahren die Anzahl und der Anteil der Bevölkerung über 40 Jahre nur leicht steigt, wächst in der Altersklasse ab 60 Jahren die Zahl von gut 22,5 Mio. (2019) auf 27,0 Mio. im Jahr 2035, was eine Wachstumsrate von über 20 Prozent bedeutet.

2.     Demografie und Flächeninanspruchnahme

Eine älter werdende Gesellschaft führt erstens mit dem Fortzug aus den Städten zu einem weiteren Flächenverbrauch. Die Großstädte weisen insgesamt Nettozuwanderungen auf, aber bei einer differenzierten Betrachtung gibt es traditionell erhebliche Unterschiede. Zuwanderer sind vor allem die Bildungswanderer, die im Alter von 18 bis 30 Jahren in die Städte ziehen. Dagegen ziehen die sog. Familienwanderern im Alter von 30 bis 50 Jahre aus den Städten, um oftmals im Umland zu wohnen. Auch die ältere Bevölkerung ab 50 Jahren weist üblicherweise eine ähnliche Wanderungsbewegung auf. Im Jahr 2017 haben insgesamt gut 16.000 Familienwanderer und über 20.000 Menschen, die älter als 50 Jahre sind, die sieben größten Städte verlassen. Auch in den Vorjahren gab es eine Entwicklung in vergleichbarer Größenordnung.
Es beginnt somit eine neue Phase der Suburbanisierung – des Wegzugs älterer Menschen aus den Großstädten in die Peripherie. Die Familienwanderer ziehen ins Umland und dabei oft in Ein- oder Zweifamilienhäuser. Auch Senioren mit Renten im höheren Bereich verlassen die Metropolen, sie ziehen in kleinere Städte mit niedrigeren Mieten und geringeren Lebenshaltungskosten. Die Suburbanisierung führt mit ihren flächenintensiveren Häusern zu einem höheren Flächenverbrauch im Speckgürtel von Ballungsregionen.
Zweitens sind es andere Lebens- und Konsumgewohnheiten der über 50-jährigen (Silver und Best Ager), die zu einer höheren Bodeninanspruchnahme führen. Diese Gruppe der Generation ist keineswegs homogen, sie unterscheidet sich sowohl durch ihre Lebenssituation und ihre persönlichen Vorlieben als auch durch ihre unterschiedliche Altersstruktur. Da sie aber oft über eine hohe Kaufkraft verfügt und häufig viel Zeit für Freizeit und Shopping hat, besteht ein stark hedonistisches Konsumverhalten mit Freude, Vergnügen und Genuss.
In ihrer Freizeit bzw. Ruhestand erfolgen Aktivitäten, die zu einer hohen und vermehrten Bodennutzung führen. Dieses flächenintensive Mobilitäts- und Freizeitverhalten können sportliche Unternehmungen oder Reisen und Tourismus sein, aber auch im Alltag kann es aufgrund des höheren Ausgabenpotenzials teilweise zu einer höheren Inanspruchnahme von Böden kommen. Dies geschieht durch den Ausbau der Infrastruktur, gewerbliche Neuansiedlungen und großflächige kommerzielle Zentren „auf der grünen Wiese“, die ebenfalls zu mehr Bodennutzung führen können.
Drittens kann das Wohnverhalten der älteren Bevölkerung ebenfalls dazu beitragen. Sie verbleiben oftmals in einmal bezogenen Wohnungen, auch wenn sich durch familiäre Veränderungen wie der Auszug der Kinder der Bedarf an Wohnfläche vermindert hat. Dieses auch als Remanenzeffekt bezeichnete Verhalten führt zu deutlich steigenden Wohnflächen und damit c. p. auch zur Inanspruchnahme von mehr Siedlungsfläche. Gleichzeitig drosselt der Remanenzeffekt aber auch die Migration und verhindert somit eine noch größere Flächeninanspruchnahme.
3.     Bodennutzung
Der Boden in Deutschland ist rein quantitativ in seiner Gesamtmenge begrenzt. Es besteht eine erhebliche Konkurrenz zwischen den verschiedenen Nutzungsformen, wobei vor allem wirtschaftliche und ökologische Interessen massiv aufeinander prallen. In Deutschland betrug der Umfang der Siedlungs- und Verkehrsfläche insgesamt gut 50.000 km², das waren 14 Prozent der gesamten Bodenfläche. Bei der Siedlungsfläche entfällt der größte Anteil mit 42 Prozent auf die Wohnbaufläche, gefolgt von Flächen für Industrie und Gewerbe (18 Prozent). Die Verwendung von Siedlungs- und Verkehrsflächen nimmt je Einwohner mit steigender Bevölkerungsdichte ab: in einer kleinen Gemeinde benötigt ein Einwohner wesentlich mehr Fläche als in großen Städten. Die Suburbanisierung geht also einher mit einer weiteren, höheren Inanspruchnahme von Siedlungs- und Verkehrsflächen.
Die Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsfläche betrug in den Jahren 2013 bis 2016 täglich 61,5 Hektar, hat sich aber aufgrund politischer Maßnahmen in den letzten Jahren leicht reduziert. Jedoch ist nicht jeder Verbrauch vollständig gleichzusetzen mit „versiegelter Fläche“, da hierbei auch unbebaute und nicht versiegelte Flächen wie Sport- oder Erholungsflächen hinzugezählt werden.
Die Knappheit des Bodens zeigt sich in der rasanten Preisentwicklung der vergangenen Jahre. Dabei führen sowohl fundamentale Nachfragefaktoren wie die der Bauwilligen oder der Landwirte als auch das verstärkte Interesse der Kapitalanleger und aufgrund von Spekulation zu steigenden Bodenpreisen. Insbesondere die Preise für Gewerbe- und Wohngrundstücksflächen im Umland großer Städte sind vernehmlich angewachsen.
Bei den Bauplätzen für Eigenheime ist vor allem im Umkreis der großen Städte ein starker Preisanstieg festzustellen. Diese steigen stärker als im ländlichen Raum, von wo die Bevölkerung fortzieht. Im oberen Preissegment wuchsen die Preise in diesem Jahrzehnt jährlich um gut 7 Prozent, während sie im unteren Preisbereich stagnierten. Die sieben größten Städte sind mit Abstand am teuersten (Medianpreis rd. 660 Euro/m²); demgegenüber liegen die mittleren Baulandpreise in den dünn besiedelten ländlichen Kreisen lediglich bei rd. 50 Euro/m². Eine ähnliche Entwicklung ist bei den Bauplätzen für Mehrfamilienhäuser festzustellen.
Auch der Preis für Agrar- und Forstflächen ist in den vergangenen Jahren deutlich gewachsen. Bei Ackerflächen gibt es ebenfalls zum einen ein stark unterschiedliches Preisniveau und die Preise sind zum anderen massiv angestiegen, seit dem Jahr 2010 haben sie sich ungefähr verdoppelt.
4.     Nachhaltige Bodenpolitik als politisches Ziel
Im Rahmen der Nachhaltigkeit soll auch eine entsprechende Bodenpolitik erfolgen. Dabei soll der tägliche Zuwachs der Siedlungs- und Verkehrsfläche mittel- bis langfristig begrenzt und bis spätestens zum Jahr 2050 soll der Übergang zur Flächenkreislaufwirtschaft (Netto-Null-Ziel) geschafft sein. Dies Ziel besteht, obwohl die Fläche eine bedeutsame begrenzte Ressource darstellt, um deren Nutzung Land- und Forstwirtschaft, Siedlung und Verkehr, Naturschutz, Rohstoffabbau und Energieerzeugung konkurrieren.
Somit ergibt sich eine zunehmende Konkurrenz zwischen den ökologischen Zielen der Nachhaltigkeit und den wirtschaftlichen und wohnwirtschaftlichen Interessen der Bodennutzung. Eine älter werdende Bevölkerung verschärft noch diesen Konflikt.
5.     Alternative Konfliktlösungen
Insgesamt steht damit einer weiter hohen und wachsenden Nachfrage auch bedingt durch eine älter werdende Generation ein politisch gewolltes geringeres Neuangebot an Flächen zur Verfügung. Dies führt c. p. zu weiteren Preissteigerungen, wenn nicht entsprechende Maßnahmen zum Flächensparen ergriffen werden. Es sollen weniger Flächen für Siedlungen und Verkehr beansprucht und fruchtbare Böden erhalten werden.
Die Reduzierung des Flächenverbrauchs ist ein komplexes Ziel, das viele Akteure betrifft. Zur Umsetzung sind daher verschiedene Maßnahmen erforderlich. Mit Hilfe von innovativen Konzepten sollen Flächen umweltschonend und effizient genutzt werden. Eine verstärkte Innenentwicklung in den Städten und Kommunen sowie die Aufbereitung und Nutzung von Brachflächen sind wesentliche Bausteine für die Reduzierung der Flächeninanspruchnahme. Ergänzend sollten Siedlungsflächen umweltschonend verwendet und der Bedarf im Fernstraßenbau vermindert werden.
6.     Fazit
Der Konflikt zwischen ökologischen Zielen einer nachhaltigen Bodennutzung und den wirtschaftlichen und wohnwirtschaftlichen Interessen einer zunehmend älter werdenden Gesellschaft wird sich verschärfen. Es bedarf zahlreicher, vor allem innovativer Maßnahmen, um diesen Zielkonflikt zu entschärfen.

Dienstag, 7. April 2020

Provoziert die Stimmungsmache gegen die Immobilienwirtschaft eine Investorenflucht?


Die wohnungspolitische Diskussion war von gegenseitigen Schuldzuweisungen und polemischen Äußerungen geprägt. Aber wenig wurde auf die Ängste der Mieter vor Mietwucher und Spekulation eingegangen, sondern vor allem eine Investorenflucht befürchtet.
Dazu einige Gedanken von mir: