Dienstag, 12. Juli 2022

Zinsanstieg erschüttert Immobilienmärkte

 

Zinsanstieg erschüttert Immobilienmärkte


Die Zinswende ist da und die Boomjahre auf den Immobilienmärkten sind vorbei! Welche Probleme und Herausforderungen sind für die Immobilienwirtschaft zu befürchten? Auf was haben sich die Teilnehmer der Immobilienwirtschaft einzustellen?

Zinsentwicklung

In den vergangenen Monaten sind die Bauzinsen in Deutschland explosionsartig angestiegen. Lagen die Zinsen von 10-jährigen Hypothekendarlehen im September 2021 noch in ihrem Tiefpunkt bei 0,8 Prozent, so betragen sie aktuell 3,3 Prozent.

 

Die stark gestiegenen und hohen Inflationsraten waren die Ursache für die Zinswende. Die hohen Inflationsraten erhöhten den Handlungsdruck auf die EZB, der Teuerung mit ihrer Geldpolitik entgegenzuwirken. Zum einen hatte die Europäische Zentralbank (EZB) bis zur Jahresmitte 2022 noch keine Maßnahmen unternommen, um ihre ultra-expansive Geldpolitik zu beenden. Es erfolgten bislang nur Ankündigungen. So wurde von der EZB entschieden, das Anleihekaufprogramm zu reduzieren und die Leitzinsen anzuheben. Die Anleger gingen seit Jahresbeginn davon aus, dass die EZB zur Bekämpfung der Inflation die Leitzinsen erhöhen wird.

Am Anleihemarkt sind fallende Kurse mit steigenden Renditen verbunden. Höhere Zentralbankzinsen bedeuten für Staaten, dass sie sich nicht mehr zu günstigsten Konditionen refinanzieren könnten. So fallen die Zinskupons der Staatspapiere höher aus. Die alten, niedriger verzinsten Papiere sind damit nicht mehr attraktiv für Anleger. In Erwartung der rentableren Anleihen dürften viele Investoren ihre alten Anleihen verkaufen. Dies gilt nicht nur für Staatspapiere, sondern auch für Wertpapiere anderer Emittenten. Wenn Anleger ihre Wertpapiere verkaufen, werden die Kurse sinken und somit die Renditen ansteigen.

Zum anderen haben u. a. die Notenbanken der USA und von Großbritannien die Leitzinsen schon deutlich angehoben. Aufgrund der gestiegenen Renditedifferenz haben die Anleger deutsche Wertpapiere verkauft, um die höheren Renditen im Ausland zu realisieren. Durch den Verkauf der Wertpapiere sind deren Kurs gesunken und die Renditen gestiegen.

Die Anleiherenditen bilden eine wichtige Orientierungsgröße für Banken, die die von ihnen ausgegebenen Immobilienkredite mithilfe von Pfandbriefen refinanzieren. Deren Zinshöhe orientiert sich an den Anleihen anderen Emittenten, da diese in Konkurrenz zueinander stehen. Die Entwicklung der Pfandbriefzinsen wirkt sich auf die Zinsen für Immobilienkredite aus. Die immobilienfinanzierenden Banken werden daher die Bauzinsen erhöhen und haben sie schon seit Jahresanfang stark erhöht.

Eine weitere Ursache für den Zinsanstieg sind die restriktiven Maßnahmen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), da sie negative Folgen der in den vergangenen Jahren stark gestiegenen Wohnimmobilienpreise (Platzen einer Preisblase) befürchtet. Von daher haben Banken mehr Eigenkapital zu hinterlegen und konservative Bewertungsmaßnahmen und eine restriktive Kreditvergabe durchzuführen. Das wird insgesamt auch zu höheren Bauzinsen führen.

Bau: Auswirkungen auf Projektentwicklungen

Projektentwicklungen werden als das risikoreichste Geschäft im Immobilienzyklus angesehen, da diese hohe Anforderung für die Projektentwickler bzw. Bauträger darstellen. Der Projektentwickler trägt sowohl das Entwicklungs- als auch das Baukosten- und Vertriebsrisiko. Der Zinsanstieg hat die Rahmenbedingungen für die Projektentwickler massiv verändert. Ebenso haben die Unsicherheiten über die zukünftige Entwicklung (z. B. Konjunktur) stark zugenommen. Es kann zwischen der Planungs-, der Baufinanzierungs- und der Verkaufsphase des Projektes unterschieden werden, in denen auch unterschiedliche Risiken bestehen.

In der Planungsphase sind insbesondere bei knapp kalkulierten Projekten mit geringen Margen Probleme zu erwarten. Bei Projekten, die sehr spekulativ mit geringer Vorvermietung oder dem späteren Verkauf geplant sind oder mit teuer eingekauften Grundstücken gebaut oder mit einer aggressiven Fremdfinanzierung geplant waren, können steigende Zinsen schnell zu Schwierigkeiten führen. Dies gilt auch für diejenigen Projekte, die für den Kauf mit zwischenzeitlich hohen Preissteigerungen kalkuliert haben. Bei großzügig kalkulierten Projekten werden sich hingegen keine großen Veränderungen ergeben.

In der Bauphase stellen für die Projektentwickler die aktuellen Baukostensteigerungen und die Unterbrechungen der Lieferketten sehr große Herausforderung dar. Üblicherweise machen die Finanzierungskosten nur einen geringen Anteil der Gesamtkosten eines Projekts aus, sodass geringe Zinssteigerungen trotz der höheren Fremdfinanzierungskosten ausgeglichen werden können. Der aktuelle Zinsanstieg hat aber zu stärkeren Kostenbelastungen für die Projektentwickler geführt und kann somit auch Projekte gefährden.

Bei dem Verkauf des Projektes ergeben sich durch die steigenden Zinsen weitere Gefahren für die Projektentwickler. Die für den Käufer gestiegenen Finanzierungskosten können dazu führen, dass die Käufer nicht mehr bereit sind, den Preis zu zahlen. Die gestiegenen Zinsen führen angesichts der höheren Finanzierungskosten zu einem reduzierten Überschuss und gefährden damit die Gesamtrendite des Investors. Somit könnte es für den Projektentwickler schwieriger werden, einen Abnehmer für sein Projekt zu finden. Falls die fertiggestellten Immobilien nicht verkauft werden können, ist der Projektentwickler gezwungen, die Immobilien im eigenen Bestand zu halten.

Finanzierung: Kauf oder Hausbau

Steigende Zinsen haben ebenso negative Folgen beim Kauf oder dem Bau von Immobilien. Je höher der Zinssatz ist, desto höher sind die laufenden Zinskosten der Finanzierung, was am folgende Finanzierungsbeispiel eines Hauskaufs gezeigt werden soll.

Ausgegangen wird von einem Reihenhaus, das nach Angaben der bulwiengesa AG im Jahr 2021 in Deutschland durchschnittlich rund 500.000 Euro kostete. Finanziert werden soll die Immobilien mit 20 Prozent Eigenkapital, sodass 400.000 Euro fremdfinanziert werden. Im September 2021 konservativ betrug der Effektivzinssatz für Wohnungsbaukredite an private Haushalte mit einer anfänglichen Zinsbindung über 10 Jahre knapp ein Prozent. Das bedeutete 4.000 Euro Zinsen pro Jahr. In der Zwischenzeit sind nach Angaben der Interhyp AG die Bauzinsen auf knapp 3,5 Prozent gestiegen, sodass 14.000 Euro Zinsen gezahlt werden müssen. Die höheren Zinskosten kann sich aber ein Teil der Haushalte nicht mehr leisten. Die Nachfrage sinkt angesichts der steigenden Zinszahlungen.

Häuser werden üblicherweise mit Annuitätendarlehen, also Kredite mit konstanten, regelmäßigen Raten, finanziert. Die Annuität beträgt bei einem Zinssatz von einem Prozent und einer Tilgungsrate von 3,5 Prozent gleich 18.000 Euro (oder monatlich 1.500 Euro). Die drastischen Auswirkungen zeigen sich aber bei der Laufzeit und den insgesamt gezahlten Zinsen. Im Fall von einem Prozent Zinsen (September 2021) wäre das Haus nach 25 Jahren schuldenfrei und es wären Zinsen in Höhe von insgesamt gut 50.000 Euro zu zahlen gewesen. Bei konstanter Annuität (heute 3,5 Prozent Zinsen und 1 Prozent Tilgung) betragen die Gesamtzinszahlungen aber rund 375.000 Euro und das Haus wäre erst nach 44 Jahren abgezahlt.

Die gestiegenen Zinsen werden insgesamt zu einer niedrigeren Nachfrage nach Eigenheimen führen. Die geringere Nachfrage wird sich in einem Rückgang der Kaufpreise zeigen. Erste Anzeichen einer Trendwende sind schon sichtbar: in den Daten des Statistischen Bundesamtes zeigte sich das im I. Quartal 2022 in stagnierenden Preisen gegenüber dem Vorquartal (auch wenn die Preise im Vorjahresvergleich noch stark anstiegen). Die Hauspreise werden zukünftig sinken!

Wohnimmobilien-Investments: Renditevergleich belastet Immobilien

Der Boom der Immobilien-Investmentmärkte ist auf die extrem expansive Geldpolitik der EZB zurückzuführen. So stiegen die Kaufpreise von sowohl Gewerbeimmobilien als auch insbesondere Wohnimmobilien seit der Finanzkrise stark an.

Bei ihren Anlageentscheidungen vergleichen institutionelle und private Kapitalanlegern die Renditen verschiedener Assets miteinander. Ein Anstieg der Wertpapierrenditen macht Investments in Immobilien unattraktiver. Es ist somit auch kurzfristig mit einem deutlichen Rückgang der Transaktionen zu rechnen, was sich schon in den ersten zwei Quartalen 2022 zeigte. Darüber hinaus wurden viele Verkaufsprozesse abgebrochen, da die Preisvorstellungen zu weit auseinander lagen.

Eine so resultierende geringere Nachfrage nach Immobilien wird sich negativ auf die Immobilienpreise auswirken. Insbesondere die Preisübertreibungen bei Wohnimmobilien finden dann ein Ende. Aufgrund der stark gesunkenen Umsätze können aber derzeit vielfach noch keine konkreten Kaufpreisentwicklungen angegeben werden. Zwar sind die Verkäufer noch nicht auf die spürbar gesunkene Zahlungsbereitschaft der Käufer eingegangen, es ist aber mit signifikanten Preiskorrekturen zu rechnen.

Von der vielfach erhofften Seitwärtsbewegung der Investmentmärkte kann aufgrund der Entwicklung der vergangenen Monate nicht mehr ausgegangen werden. Vielmehr sind (weitere) Preisrückgänge zu erwarten, deren Ausmaß noch nicht abzuschätzen ist. Der bisherigen Preisentwicklung wurde bislang zu wenig Beachtung geschenkt. Nach den Daten des Verbandes der Pfandbriefbanken (vdp) waren Wohnimmobilien die einzige Objektart mit steigenden Kaufpreisen, gleichzeitig aber gab es bei den Gewerbeimmobilien schon eine Kehrtwendung. So stagnierten die Kaufpreise von Büroimmobilien, da die Investoren angesichts der Tendenz zu flexiblen Arbeitsformen (Home-Office) über die weitere Entwicklung bzw. Notwendigkeit von Büroflächen unsicher sind. Bei Einzelhandelsimmobilien, vor allen Dingen in den 1-A Lagen und bei Shoppingcentern überwiegte bei den Investoren die Skepsis über die zukünftige Entwicklung angesichts des zunehmenden E-Commerce. Bei Einzelhandelsimmobilien gab es schon einen anhaltenden Preisrückgang seit 2017 von knapp 10 Prozent.

In diesen Zeiten von hoher Unsicherheit sind konkrete Prognosen nur schwerlich möglich. Es ist zudem zu erwarten, dass aufgrund der vielen negativen Faktoren eine kontinuierliche Verschlechterung der Prognosen zu erwarten ist. Infolge des steigenden Zinsumfelds ist zwar mit steigenden Anfangsrenditen zu rechnen, aber der Spread zwischen den (sicheren) Staatswertpapieren und den Immobilienrenditen wird sinken. Erst mittelfristig ist wieder mit einer Preisstabilisierung zu rechnen, dann aber auf einem niedrigeren Niveau.

Meiner Meinung nach ist die Party an den Immobilienmärkten erst einmal für geraume Zeit vorbei. Die Marktteilnehmer haben sich auf neue Rahmenbedingungen einzustellen und das dauert seine Zeit.

 

Dr. Günter Vornholz, Professor für Immobilienökonomie an der EBZ Business School in Bochum

Dienstag, 14. Juni 2022

Fachkräftemangel in der Immobilienwirtschaft verschärft sich zusehends

 

Schon heute beklagen die Unternehmen der Immobilienwirtschaft einen Mangel an Arbeits- und Fachkräften, was sich zukünftig noch deutlich verstärken wird. Durch die demografischen Trends ergibt erstens eine tendenzielle Abnahme der Bevölkerungszahl, zweitens eine Zunahme älterer Menschen sowie drittens ein steigender Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund.

Demografische Entwicklung

Die Bevölkerungszahl in Deutschland hat sich seit der Wiedervereinigung recht unterschiedlich entwickelt. Während es in den 1990er Jahren Zuwächse gab, sank ab 2003 die Bevölkerungszahl. Durch die Zuwanderungen nahm die Bevölkerungszahl im letzten Jahrzehnt zunächst langsam und dann sogar stark zu. In den letzten drei Jahren stagnierte die Bevölkerung und lag 2021 bei rund 83,2 Mio. Personen.

 


Abb. 1:     Bevölkerungsentwicklung in Deutschland

Nach den Prognosen des Statistischen Bundesamtes erfolgt zunächst noch ein leichter Anstieg der Bevölkerungszahl, während im weiteren Verlauf von einem langfristigen Rückgang ausgegangen wird. Bei einer mittleren Variante wird die Bevölkerungszahl bis 2025 auf 83,7 Mio. (Maximum) steigen und dann bis 2060 kontinuierlich auf 78,2 Mio. Personen sinken.

Die zu niedrige Geburtenzahl im Vergleich zu den Sterbefällen führt in Verbindung mit der steigenden Lebenserwartung zu einer älter werdenden Bevölkerung. Das Durchschnittsalter steigt deutschlandweit von 44,3 Jahre (2017) auf 45,9 Jahre im Jahre 2040 an.

Die Immobilienwirtschaft wird insbesondere von den strukturellen Effekten betroffen sein. Durch die relativ wenigen Geburten schrumpft langfristig die Anzahl der jungen Menschen. Die Zahl der Personen unter 20 Jahren wird vom Maximum 2025 mit 15,6 Mio. Menschen auf 14,1 Mio. im Jahr 2060 sinken; der Anteil an der Gesamtbevölkerung wird ebenfalls auf 8,8 Prozent zurückgehen. Die steigende Lebenserwartung hingegen führt dazu, dass die Anzahl als auch der Anteil älterer Menschen steigt. Die Anzahl der 68-Jährigen und Älteren wird weiter stark zunehmen von 15,4 Mio. auf 20,4 Mio. Personen

Darüber hinaus wird die Gesellschaft in Deutschland „bunter“, d. h. die Zahl und der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund werden weiter wachsen. Im Jahr 2021 lebten in Deutschland 22,3 Mio. Menschen mit Migrationshintergrund, das ist ein Anteil von 26,7 Prozent an der Gesamtbevölkerung. Von diesen haben 11,8 Mio. eine deutsche und 10,5 Mio. eine ausländische Staatsbürgerschaft. Mittel- und langfristig wird sich der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund an der Gesamtbevölkerung weiter erhöhen. Je nach Annahmen über die Höhe der Zuwanderungen kann dieser Anteil auf knapp ein Drittel der Gesamtbevölkerung anwachsen.

Auf der regionalen Ebene ist vor allem die Wirkung der Wanderung zu beachten. Während insbesondere wirtschaftsstarke Großstädte und ihr Umland sowie einige ländliche Regionen weiterwachsen werden, verringert sich die Bevölkerungszahl in strukturschwachen Gegenden abseits der Metropolen weiter.

Nach dieser Prognose nimmt die Zahl der Stadt- und Landkreise, die bis 2040 eine schrumpfende Bevölkerungszahl zu verzeichnen haben, weiter zu. Nach wie vor wird die Abnahme der Bevölkerung in Ostdeutschland stärker ausgeprägt sein. Allerdings werden bis 2040 auch Regionen in Westdeutschland von einem Rückgang der Bevölkerungszahl betroffen sein, vor allem ländliche Gebiete.

Im vergangenen Jahrzehnt ist die Bevölkerung in den Großstädten ab 100.000 Einwohnern überproportional gestiegen. Die Anzahl wuchs um rund 0,7 Prozent pro Jahr, sodass Ende 2020 knapp 24,5 Mio. Personen und damit rund 29,4 Prozent hier lebten. Im Jahr 2020 waren sowohl bei den Umzügen in Deutschland als auch bei den Außenwanderungen Rückgänge gegenüber dem Vorjahr festzustellen, sodass es erstmals wieder leichte Rückgänge der Bevölkerung gab.

Auswirkungen auf die Immobilienwirtschaft

Der demografische Wandel ist die Hauptursache für den Fachkräftemangel, der es für Unternehmen zukünftig immer schwieriger macht, ausreichend qualifiziertes Personal zu finden. Der Fachkräfteengpass (bzw. -mangel) betrifft schon heute zahlreiche Wirtschaftszweige, die Schwierigkeiten bei der Besetzung offener Stellen haben. Mit dem demografischen Wandel wird es in Zukunft sogar noch schwieriger, geeignete Bewerber zu finden.

Empirisch zeigt sich das anhand der erwarteten Entwicklung bestimmter Altersgruppen. Dies betrifft zum einen die Personen zwischen 20 und 67 Jahren, also die potenziell Erwerbstätigen. Diese hatten 2021 noch einen Anteil von gut 63,4 Prozent an der Bevölkerung. Der Anteil wird bis 2060 auf 52,5 Prozent zurückgehen, da sich die Zahl der Personen um rund 8,2 Mio. verringern wird. Viele ältere Beschäftigte werden in den nächsten Jahren aus dem Arbeitsleben ausscheiden.

Besonders betroffen werden die Menschen im Ausbildungsalter sein, also der 15- bis 24-jährigen. Nach der amtlichen Vorausberechnung bis 2040 wird deren Anzahl von 8,3 auf 7,3 Mio. Mio. Menschen sinken. Damit werden stetig weniger Menschen auf den Arbeitsmarkt gelangen. Ein weiteres Indiz für den erst beginnenden Fachkräftemangel ist auch die Zahl der Studienanfänger in Deutschland. Im vergangenen Jahrzehnt war eine vergleichsweise konstante Entwicklung zu registrieren, aber seit 2018/19 ist die Zahl um fast 10 Prozent gesunken. Dadurch verringert sich insbesondere die Zahl der Fachkräfte, da gleichzeitig wenige hinzukommen und viele ausscheiden werden.


 

Abb. 2:     Prognose des Fachkräfteangebots in Deutschland

Auch andere Quellen zeigen den Fachkräftemangel, der sich noch weiter verstärken wird. Die Bundesanstalt für Arbeit misst erstens den Fachkräfteengpass anhand des Indikators Vakanzzeit, die den Zeitraum zwischen dem gewünschten Besetzungstermin und der tatsächlichen Besetzung einer freien Stelle angibt. In Deutschland steigt die Vakanzzeit seit Jahren kontinuierlich an und es sind immer mehr Wirtschaftszweige davon betroffen. Vor allem Berufe im Bau- und Ausbaugewerbe haben die höchste Vakanzzeit.

Die EBZ-Studie zur Personalentwicklung zeigt zweitens, dass der Anteil der jungen Menschen in den Unternehmen der Wohnungswirtschaft in den vergangenen Jahren abgenommen und der älteren Mitarbeiter zugenommen hat. Gleichzeitig ist der Anteil der Führungskräfte, die in den nächsten Jahren ausscheiden werden, deutlich angestiegen. Die Bauwirtschaft sieht nach dieser Studie den Fachkräftemangel als das größte Risiko für ihren wirtschaftlichen Erfolg. In keiner Branche gab es 2021 so viele freie Fachkräftestellen; ebenso werden besonders viele Auszubildende gesucht. Wohnungsunternehmen und auch Immobilienverwalter suchen Mitarbeiter und dies vor allem für den technischen Bereich.

Der Fachkräftemangel betrifft nicht nur einzelne Unternehmen, sondern auch für die gesamte Volkswirtschaft. Ein Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials kann zu einem verlangsamten Wirtschaftswachstum führen, da qualifizierte Arbeitskräfte fehlen. Jedoch sind quantitative Aussagen mit vielen Unsicherheiten verbunden. Dies betrifft zum einen die dynamische Entwicklung von Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt. Zum anderen verändern Innovationen und technischer Fortschritt die Rahmenbedingungen, da dadurch in einzelnen Bereichen auch Arbeitsplätze überflüssig werden. Lösungsansätze könnte eine (Re-)Aktivierung von Personengruppen sein, die bislang nicht auf dem Arbeitsmarkt sind oder lange Zeit waren. Eine Alternative stellt auch die Zuwanderung von Fachkräften aus dem Ausland dar.

Meiner Meinung nach zeigen sich schon heute Anzeichen eines Fachkräftemangels in der Immobilienwirtschaft. Aufgrund der zukünftigen demografischen Entwicklung wird es zu einem beachtlichen Fachkräftemangel kommen, der für die Immobilienwirtschaft ernsthafte Probleme bringen wird.